Bevor ich nach Canossa krieche und Rechenschaft über meine Abwesenheit ablege, stelle ich hier zunächst den 4. Teil der Gastserie von JustDoIt rein. Er hatte mir diesen Beitrag bereits im Februar zugeschickt. JustDoIt, sorry noch einmal….
Here we go:
Liebe Leser von MMUI!
Gerade bei Geldanlagen muss man viel lernen, oftmals muss man leider auch Lehrgeld bezahlen. Ich möchte Euch mit diesem mehrteiligen Gastbeitrag ein wenig an meinen Erfahrungen und Plänen teilhaben lassen. Vielleicht hat der eine oder andere ähnliche Erfahrungen gemacht. Ich würde mich freuen, wenn meine Offenheit und Mühe mit konstruktivem Feedback und Anregungen bedacht würde.
Teil 4: Test meiner neuen Strategie
Im letzten Teil meines Beitrages soll es um das so genannte „Backtesting“ meiner in Teil 3 vorgestellten Strategie gehen. Leider musste ich Euch etwas warten lassen – ein neues zeitintensive Projekt steht an und die Vorbereitungen hierzu sind in vollem Gange.
In Teil 3 habe ich meine zukünftige Strategie bereits vorgestellt: Bei Fonds (ausschließlich) werde ich zukünftig eine dynamische Stop-Loss / Begin-Buy Strategie einsetzen. Dynamisch heißt, für den Verkauf von Fondsanteilen ist entscheidend, ob der Kurswert auf 10% unter dem Höchststand liegt. Für den Einkauf ist entscheidend, ob der Kurswert auf 10% über dem niedrigsten Stand gestiegen ist.
Beispiel: Ich kaufe einen Fondsanteil für 100 EUR. Der Wert steigt auf 105 EUR – Es wird 105 als Höchststand geloggt. Der Kurs sinkt auf 104 EUR. Geloggter Höchststand immer noch 105 EUR. Der Kurs steigt auf 106 EUR. Wird geloggt. Jetzt hampelt der Kurs unter 106 EUR herum und fällt irgendwann auf 106 EUR ./. 10,60 EUR = 95,40 EUR. Hier wird verkauft. Dann wird eine dynamische Begin-Buy („Stop Buy“) – Order gesetzt. Hier geht das genau umgekehrt: Jeder neue Tiefststand wird geloggt. Wenn der Kurs steigt und den geloggten Tiefststand um 10% überschreitet, wird der Fonds wieder gekauft in der Erwartung, dass damit ein Kursrutsch weitestgehend überbrückt wurde. Alles klar?
Grundlage dieser Strategie ist die Annahme, dass es wie in den letzten Jahren auch zukünftig ein größeres Auf- und Ab an den Märkten geben wird und ein stärkerer Kurseinbruch bzw. ein stärkerer Kursanstieg ein Signal für den Aus- bzw. Wiedereinstieg ist. Eine Form von Trendfolge.
Nachdem ich die Idee hatte (ob sie neu ist, weiß ich nicht), habe ich mich gefragt, wie man das mal für die Vergangenheit testen könnte. „Backtesting“ heißt das auf Neudeutsch und scheinbar gibt es da einen Haufen Dienste und Programme. Mir war das alles zu fummelig. Ich habe dann auf Marke Eigenbau gesetzt und mir eine Seite im Internet gesucht, in der ich mir historische Kurse zu Wertpapieren anzeigen lassen konnte. Mit ein bisschen Getrickse konnte ich diese Kurse in Excel bringen. Dann habe ich mir eine Excel-Tabelle zusammengestrickt mit Formeln, dessen Anblick im Nachhinein ziemlich kryptisch anmutet. Aber sie funktioniert und wurde von mir nach etlichen Tests als benutzbar eingestuft. Mit einer Menge Wenn-Dann-Funktionen werden Höchst- und Niedrigstkurse geloggt, Ein- und Ausstiegspunkte markiert und der Investitionsstatus (Investiert ja/nein) festgehalten. Ich kann festlegen, bei wie viel Prozent Kursverlust oder Kurszuwachs ich ein- und aussteigen will. Außerdem kann ich festlegen, wie viel Gebühren (in Prozent) bei einer Transaktion anfallen sollen.
Mit diesem Excel-Moped habe ich also meine einzelnen Fondspositionen durchgetestet. Das war ziemlich aufwändig, vor allem die Beschaffung der historischen Kurse und das konvertieren ins Excel-Format dauerte jedes Mal locker 5-8 Minuten.
Das Ergebnis war erfreulich: Meine Strategie ging auf – zumindest für die Vergangenheit. Es gab wenige Konstellationen, in denen die Strategie nicht funktionierte: Ich habe z. B. den DAX getestet, um damit einen DAX-ETF zu simulieren. Hier führten die für mich anfallenden Gebühren dazu, dass die Buy-and-Hold-Strategie gewonnen hätte. Bei Einzelwerten war das Ganze auch nicht so erfolgreich. Ein einzelner Wert hat zu viele Ausreißer. Anders sah das bei Fonds aus. Egal welchen Fonds meines Portfolios und egal welchen Zeitraum ich betrachtete – meine Strategie gewann immer gegenüber Buy-and-Hold. Das hört sich jetzt zwar ein wenig an wie ein Ausspruch aus einem Spam-Mail für ein windiges Handelssystem für monatlich günstige 130 EUR – war aber so. Eine kleinen Ausschnitt der Ergebnisse meiner Tests könnt Ihr hier sehen. Ich habe nicht alle gemachten Tests in die Zusammenfassung gebracht, war mir dann doch zuviel Arbeit. Wenn Ihr möchtet, teste ich auf Wunsch gerne noch ein paar Fonds für Euch (immer her damit):
Kleine Erläuterung:
Test von/bis: Zeitraum der Betrachtung der historischen Kurswerte
Gebühr Transaktion: Höhe der Gebühr nach Kauf oder Verkauf. Bei Fonds zahle ich keine Ausgabeaufschläge. Also 0% Ergebnis Buy/Hold: Ergebnis ausgegangen von 1000 EUR eingesetztem Kapital Effektivzins Buy/Hold: Jährliche Effektivverzinsung der Anlage im Betrachtungszeitraum. Achtung: Ich habe bei der Berechnung etwas vereinfacht, zum Beispiel habe ich für den Betrachtungszeitraum 03.07.2007 bis 15.12.2010 einfach 2,5 Jahre angesetzt.
Ergebnis SL10%/BB10%: Das Ergebnis meiner Strategie bei Kauf und Verkauf bei jeweils 10% unter bzw. über Höchst- und Tiefststand (1000 EUR eingesetztes Kapital)
Effektiver Zins 10/10: Die Effektivverzinsung p.a. dazu.
Anzahl Transaktionen: Die Menge der Kauf- und Verkaufsvorgänge im Betrachtungszeitraum. Dazu Ø und maximale Anzahl der Transaktionen in einem Jahr.
Optimaler Punkt SL und BB: Bei diesen Prozentsätzen über Höchst- oder Tiefststand wäre das Ergebnis maximiert worden.
Zusammenfassung:
Meine Strategie hätte in der Vergangenheit funktioniert. Da ich davon ausgehe, dass das Marktgeschehen in Zukunft auch von Auf und Ab geprägt sein wird, werde ich diese Strategie ab sofort einsetzen. Die Strategie macht für mich nur bei Fonds Sinn, da dies für mich gebührenfrei läuft. Mit Gebühren klappt das nicht. Die Gebühren fressen einen sonst auf. Außerdem bewegen sich Fonds gemächlicher als Einzelwerte. Dies hat sich in meinen Tests als hilfreich erwiesen. In meinen Tests konnte ich nur thesaurierende Fonds testen. Bei ausschüttenden Fonds hätte ich die jeweilige Ausschüttung nicht mit berücksichtigen können, da ich hierzu keine Daten hatte. Die Anzahl der Transaktionen halte ich für durchaus akzeptabel, zumal ich nur die jeweilige Order eingeben muss und mich um nix mehr kümmern muss.
Wie geht´s jetzt weiter?
Ich habe bereits im Dezember 2010 mit dieser Strategie begonnen. Vor ein paar Wochen ist´s passiert: Die erste Stop-Loss-Order wurde ausgelöst (ISIN LU0260870406). War ein blödes Gefühl, weil einen Tag nach Auslösung der Kurs natürlich wieder anzog… Und schon bekam ich leiseste Zweifel. Psychokram halt. Ich habe mich aber besinnt und stumpf an meiner Strategie festgehalten. Und siehe da: Der Kurs ist dann noch weiter gefallen. Ich habe nach Auslösen des Stop-Loss sofort eine dynamische Begin-Buy-Order für diese Fondsposition erstellt, damit ich mich um nix mehr kümmern muss. Das Problem: Meine Fondsplattform, die diesen echt guten Service bereitstellt, geht bei der Order von fehlerhaften Fondspreisen aus. So ein Käse. Ich habe das zwischenzeitlich moniert, eine Antwort steht noch aus. Ich hoffe, dass sich das bald erledigt hat und beobachte das derzeit „manuell“, um gegebenenfalls eine Kauforder geben zu können. Also ist im Moment nix mit Automatik.
Nun ist der Zeitpunkt gekommen, meine kleine Beitragsreihe zu beenden. Ich habe gerne geschrieben und festgestellt, wie viel Arbeit es ist, einen einigermaßen veröffentlichungsfähigen Artikel zu fertigen. Insofern zolle ich Arkad höchsten Respekt für das was er seit längerem hier im Blog macht und bitte die geneigte Leserschaft ebenfalls um Gastbeiträge um dieses tolle Blog am Leben zu erhalten und noch „bunter“ zu machen. Außerdem möchte ich allen Lesern meiner Beiträge für deren Interesse und für die doch recht zahlreichen Kommentare danken. Nur mit Feedback macht das Ganze auch Spaß. Vielleicht lasse ich demnächst mal wieder von mir hören mit einem neuen Thema. Nur soviel sei verraten: Demnächst sitze ich mal wieder aufm Minibagger…
Bis dahin
JustDoIt
No related posts.
Auch wenn der Beitrag spät kam, ich unterstütze ihn vollkommen.
Zwar habe ich mir nicht die Mühe gemacht, Vergangenheitsdaten Stand heute nochmal zu überprüfen, aber genau das Ergebnis habe ich auf meinem Blog auch unter “Interesse an Finanzen” aufgezeigt bzw. aufzeigen wollen.
Und zwar bin ich zu dieser Erkenntnis durch mein Musterdepot gekommen, was ich vor Jahren aufgesetzt hatte. Da hatte ich schon mehr oder weniger live diese Erkenntnis eingesammelt und später nochmals mit einem pauschalen Abgleich bestätigt. Verstärkt wurde diese Erkenntnis damit, dass, so abgefahren es klingt, ähnlich ein erfolgreicher Handel mit Standard-Gütern, die als Art Wertanlage und Inflationsschutz dienen, in gewissen Onlinegames funktioniert hat.
Eine solche Handelsweise ist dennoch riskant und man sollte abschätzen, ob einem die Kosten es wert sind. Ich werde es jedenfalls immer im Auge behalten eine solche Strategie zu fahren, jedoch mit Unterstützung einer Ratingagentur, passendem Berater, und einer Flatrate für die Aufschläge.
Desweiteren denke ich, dass durchaus Vermögensverwalter mit einer gewissen Marktmacht dafür verantwortlich sind, die ebenfalls in gewisse Fondsmanager investieren.
Schön, daß Leute doch noch ihre Handelsideen backtesten.
Lediglich ein Punkt meinerseits:
Der optimale BB und SL sind an Daten aus der Vergangenheit angepasst. Änderst Du den Zeitraum der Datenerhebung, würden sich andere “optimale” Punkte ergeben.
Ist also nicht für die Zukunft geeignet.
Stumpf bei 10% bleiben.
Stimmt. Der optimale BB und SL hat eigentlich keine Aussagekraft. Er sollte mich eigentlich nur darin bestätigen, dass ein pauschaler Ein- bzw. Ausstieg bei 10% von der Tendenz her nicht ganz falsch war.
Guter Beitrag, man merkt auch, dass hier viel Zeit investiert wurde. Ein wenig Kritik habe ich aber: Die Fonds werden doch über die Fondsgesellschaft gekauft – und die Ausführung dauert ja in der Regel 1, oder 2 Tage – das scheint mir hier nicht berücksichtigt zu sein. Denn es könnte beim Kauf / Verkauf in einen laufenden Trend (die Strategie ist ja nichts anderes als eine Trendfolgestrategie) zu signifikanten Verlusten führen. Beim Börsenhandel geht’s zwar schneller, dann aber eben wieder mit Gebühren.
Die Anzahl der Käufe / Verkäufe finde ich ok. Spannend ist, wie sich diese Strategie im derzeitigen Seitwärtsmarkt behauptet. Ich glaube, dass sie da nicht so gut abschneidet. In Trendstarken Phasen ist sie dafür umso besser. Einen kleinen Verbesserungsvorschlag hätte ich noch: Wenn man die zu investierende Position in z.B. 3 Teile aufteilt und jeweils 1/3 bei z.B. 4%, 1/3 bei 7% und 1/3 bei 10% kauft bzw. verkauft könnte die Gesamtstrategie im Endeffekt besser ausfallen und auch in schwierigen Märkten besser laufen. Vielleicht mache ich auch selbst dazu mal ein Test mit grafischem Verlauf der Anlage – da sieht man dann immer recht gut die Stärken und Schwächen.
Nochmal: Gute Arbeit und Danke für die Beiträge