Heute darf ich euch wieder einmal einen Gastbeitrag von JustDoIt vorstellen. Inzwischen ist JustDoIt eigentlich fast schon ein Co-Author geworden, worüber ich nicht unglücklich bin… Here we go…
Vor sicherlich schon sieben oder acht Jahren erzählte mir eine Bekannte stolz, sie habe einen Riestervertrag abgeschlossen. Der freundliche Berater ihrer Hausbank habe ihr gesagt „man wäre ja blöd, die Förderung nicht mitzunehmen“. „Guter Verkäufer“ – dachte ich mir wiederum. Das waren meine ersten Berührungspunkte mit der Riesterrente.
Nachdem seit einigen Jahren die klassischen Lebensversicherungen weniger attraktiv (Wegfall Steuervorteile, niedrige garantierte Verzinsung) und damit schwieriger zu vertreiben sind, haben die Vermittler sich verstärkt auf die Riesterrente verlegt und erzählen nun jedermann, wie toll doch die Riesterrente ist und dass es ein undiskutierbares Muss ist, einen entsprechenden Vertrag abzuschließen. Ich halte das für ausgemachten Blödsinn, weil es meiner Meinung nach IMMER auf die persönlichen Lebensumstände und die Erwartungshaltung des einzelnen ankommt, ob ein Riestervertrag Sinn macht oder eben nicht.
Zunächst möchte ich beschreiben, warum wir (meine Frau und ich) damals zunächst nicht „Riestern“ wollten:
Als damalige DINKS (Double Income No Kids) verfügten wir über ein ganz ordentliches gemeinsames Einkommen, welches auch eine sehr hohe Sparrate ermöglichte. Um z. B. im Jahr 2008 in den vollen Genuss der sage und schreibe 154 EUR staatlicher Zulage zu gelangen, hätten wir einen Eigenanteil von bummeligen 1946 EUR (Gesamteinzahlung 4% vom rentenversicherungspflichtigen Einkommen, maximal 2100 EUR) leisten müssen (Ich lasse in meinen Berechnungen mal die „Steuervorteile“ in Form von Sonderausgabenabzug außen vor, weil später die Zahlungen aus der Riesterrente auch wieder steuerpflichtig sind). Das hätte einen Förderanteil von 154 / 2100 = 7% gemacht. Wir hätten aber für diese Miniförderung Jahr für Jahr sehr viel Geld in einen Vertrag einzahlen müssen, bei dem das Geld bis zum Rentenalter gebunden wäre. Ich weiß, dass das eigentlich der Sinn der Riesterrente ist. Ich bin aber gerne flexibel und habe es gerne, wenn ich meine Vermögenswerte einigermaßen zeitnah liquidieren kann. Außerdem gefiel mir das gängige Modell nicht, bei dem Abschlusskosten in den Vertrag eingerechnet werden. Für einen „mittleren“ Riestervertrag erhält der Vermittler sofort (!) einen ganz ordentlichen Betrag von locker 1200 – 1500 EUR und mehr (Und dabei beraten einen die Vermittler nicht mal richtig: In 2011 mussten 1,5 Millionen Riestersparer fast eine halbe Milliarde EUR an den Staat zurückzahlen – Grund waren fehlende Voraussetzungen für die Förderung). Dieser Betrag muss in den ersten Jahren vom Sparer abgetragen werden. Im Falle einer vorzeitigen Kündigung in den ersten Jahren ein teurer Spaß – man zahlt nicht nur die erhaltenen Förderungen zurück sondern erhält auch deutlich weniger ausgezahlt als man eingezahlt hat. Da ich ohnehin kein Freund der Gebühren- und Provisionspraxis der klassischen Finanzinstitute und –vermittler bin, war die Kombination „Wenig Förderung / stark gebundenes Kapital / hoher Eigenanteil / hohe Provision“ für mich nicht akzeptabel.
In 2008 bekamen wir dann Nachwuchs. Meine Frau ging in Elternzeit, verdiente also nix mehr. Für mich war das Grund genug, das Thema Riester im Jahre 2009 noch einmal zu überprüfen. Und siehe da, ich sah die Riesterwelt plötzlich mit ganz anderen Augen. Meine Frau hat Anspruch auf insgesamt 454 EUR Förderung (154 EUR Grundzulage, 300 EUR Kinderzulage). Da sie im Vorjahr (2008) nur wenig rentenversicherungspflichtiges Einkommen hatte, konnte sie mit dem Sockelbetrag (=Mindesteigenbeitrag) von 60 EUR die komplette Förderung geltend machen. BTW: Bei dem von uns gewählten Produkt müssen mindestens 100 EUR Eigenanteil p.a. eingezahlt werden, die wollen keine krummen Beträge. Jetzt betrug der Förderanteil plötzlich 454 / 514 = 88% bzw. in unserem Fall 454 / 554 = 82%. Ich habe mich also um ein geeignetes Produkt bemüht. Ich habe selbstredend nicht zu den klassischen Banken und Versicherungsfritzen gegriffen. Ich habe ein Riester-Fondsdepot eröffnet. Ohne jegliche Abschlusskosten. Auch gut: Ich zahle keine Ausgabeaufschläge auf die gekauften Fondsanteile! Wir zahlen lediglich 10,20 EUR Depotgebühr p.a. Das halten wir aus. Somit geht von Anfang an jeder (!) eingezahlte Euro (bis auf die Depotgebühr) direkt in die Riesterspardose. Wir werden unseren Riestervertrag ausschließlich förderoptimiert besparen. Das heißt, wir werden ihn nur mit Eigenanteilen besparen, wenn die staatliche Förderung den Eigenanteil deutlich übersteigt. Sobald der Eigenanteil zu hoch wird, sei es weil meine Frau ein entsprechend hohes rentenversicherungspflichtiges Einkommen hat oder weil die Kinderzulage entfällt), wird der Vertrag ruhend gestellt und nix mehr einbezahlt. Mit Renteneintritt kann sich meine Frau 30% des sich angesammelten Kapitals auf einen Schlag auszahlen lassen. Das wird dann schon deutlich mehr sein, als die eingezahlten Beträge! Das heißt, wir haben in diesem Moment schon gewonnen und bekommen obendrein danach noch die Rente in Form von monatlichen Zahlungen. Wir haben in den vergangenen zwei Jahren lediglich 200 EUR eingezahlt. Seht selbst, was draus geworden ist:
Aus 200 EUR Einzahlung sind also in nicht einmal zwei Jahren 1139,69 EUR geworden – wer mir eine bessere und sicherere Anlageform nennt, bekommt ´nen Keks.
Meine zusammenfassende Meinung:
Riester „lohnt“ sich nicht in jeder Lebenslage. Glaubt den auf die Abschlussprovision bedachten selbsternannten „Finanzexperten“ kein Wort. Riester „lohnt“ nur dann wirklich, wenn viel Fördermittel abgegriffen werden können. Wenn man ein mittelprächtiges Einkommen hat, ist die Grundförderung einfach zu mickrig bemessen, um z. B. die lange Kapitalbindung zu rechtfertigen. Dann sollte man über andere Möglichkeiten der Altersvorsorge nachdenken. Wer einen Riestervertrag abschließen will, der soll sich ganz genau informieren. Ich finde es erschreckend, dass es die gängige Praxis ist, sich zwischen Tür und Angel vom Bankfritzen ein Produkt aufschwatzen zu lassen, welches dann für 30 und mehr Jahre verbindlich sein soll.
Ich hoffe, dass Euch mein Beitrag gefallen hat und freue mich auf Euer Feedback!
Gruß
JustDoIt
P.S.: Ab dem nächsten Zahltermin für die Förderung erhalten wir jährlich 754 EUR Zulage 🙂
Sehr guter Beitrag…Da ich mich relativ oft doch mit den ganzen Versicherungen rumschlage, wollte ich selbst soetwas schreiben.
Vorbildlich sind die Beispielszahlen, wirklich Top! Darum drücken sich nämlich meistens die Berater, weil sie meist nicht wirklich gut rechnen können, die armen Überbezahlten.
Für z.B. IT-ler ist meistens sogar die Rürop-Rente von Anfang an her interessant, weil die meisten sich wohl im Laufe des Lebens selbstständig machen und der Riester-Topf schnell voll ist.
Gruß,
EXE
Als Selbständiger bzw. Geschäftsführender Gesellschafter mehrerer GmbHs bin ich ja sozialversicherungsbefreit und wie verwunderlich ist es, hängen diverse Makler und Versicherungsvertreter einem am Bein und wollen das man die Rürup-Rente abschließt. Habe diverse Angebote vorliegen die mit 1000 EUR im Monat starten, dann dynamisch wachsen bis zu 2500 EUR im Monat, jedoch ist die Steuerersparnis erst ab 2025 bei 100%., aktuell bei 72%.
Das größte Problem ist das ich nicht wirklich weiß was mit dem Geld passiert und ich erst mit 60 Jahren dran komme (aktuell 29). Die Frage ist ja ob man mit einer hohen Sparrate und selbst gewählten Investments auf längere Sicht nicht besser fährt.
@ Robin
Meine uneingeschränkte Zustimmung zu den von Dir gesehenen Problemen. Daher kommt für uns das Riestersparen auch nur absolut „förderoptmiert“ in Frage.
Das große Problem sehe ich bei der Rürup-Rente auch in der Tatsache, dass man zunächst zwar die vermeidliche Steuerersparnis hat, jedoch die Rentenzahlungen (ab 60) wieder versteuern muss.
Ja, die „Steuerersparnis“… Gerne wird das Argument herangezogen, man habe während der Erwerbslebenszeit eine höhere Steuerersparnis als die Steuerbelastung im so genannten Ruhestand. Grund ist – durchaus plausibel – das tendenziell niedrigere Einkommen während der Ruhestandsphase und dem damit einhergehenden progressionsbedingt niedrigeren Steuersatz. Das beinhaltet und schürt eine Menge Unwägbarkeiten. Man orientiert sich bei der Argumentation offenbar an dem Klischee des getreuen Malochers mit Durchschnittseinkommen, der später eine ebenso durchschnittliche Rente erhält. Dabei kann einem heute kaum einer sagen, wieviel Riesterrente man denn später nun erhält und wie hoch sich der so genannte Steuervorteil denn nun auswirkt.
Darf ich fragen, wie und so du das Riester-Fondsdepot eröffnet hast? Soweit ich weiß, ist doch auch der Wechsel von Riesteranbietern ohne allzuhohe Kosten möglich, oder?
Hallo Deddy,
ich weiß nicht, ob ich das hier so schreiben darf. Ich möchte auch keine Werbung für irgendjemand spezielles machen. Nur folgendes: Wir haben eine fondsgebundene Riesterrente. Diese gibt es von verschiedenen Anbietern, z. B. Allianz oder DWS. Es bietet sich an, einen Vermittler mit 100% Rabatt auf den Ausgabeaufschlag zu wählen. Google mal nach „Fonds vermittler Rabatt ausgabeaufschlag“ oder nach „Fonds vermittlung Rabatt ausgabeaufschlag“. Da wirst Du gewiss etwas finden.
Gruß
JustDoIt